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Vermächtnis – Vermeidung deutsche Erbschaftsteuerpflicht

Beschränkte Erbschaftsteuerpflicht Deutschland (BFH-Urteil vom 23.11.2022 – II R 37/19)

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 23.11.2022 entschieden, dass ein Vermächtnis an einem inländischen (deutschen) Grundstück nicht der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht in Deutschland unterliegt.

Diese ist dann relevant, wenn weder der Erblasser noch der Bedachte (Erwerber) in Deutschland steuerlich ansässig sind (und sich länger als 5 Jahre im Ausland aufhalten, soweit sie die deutsche Staatsangehörigkeit haben) und somit der Erbfall nicht der unbeschränkten deutschen Erbschaftsteuerpflicht unterliegt.

In einem solchen Fall findet nur die beschränkte Erbschaftsteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG Anwendung, wenn sogenanntes Inlandsvermögen nach § 121 BewG vorliegt. Dazu gehören insbesondere deutsches land- und forstwirtschaftliches Vermögen, deutsches Grundvermögen und Anteile an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung in Deutschland, wenn die Beteiligungshöhe mindestens 10% beträgt.

Im vorliegenden Fall hatte die Erblasserin bis zu ihrem Tod in der Schweiz gewohnt. Sie vermachte ihrer in den USA lebenden Nichte eine Immobilie in Deutschland im Rahmen eines Vermächtnisses. Nach § 1939 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) liegt ein Vermächtnis vor, wenn der Erblasser einem anderen, ohne ihn als Erben einzusetzen, einen Vermögensvorteil zuwendet.

Nach § 2174 BGB begründet das Vermächtnis lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch des Berechtigten gegen den Erben auf Leistung des vermachten Gegenstands, der dann noch der separaten Eigentumsübertragung (bei Immobilien notarielle Beurkundung und Eintragung im Grundbuch) bedarf.

Zwecks Erfüllung des Vermächtnisses wurde die Nichte in Deutschland als neue Eigentümerin der Immobilie im Grundbuch eingetragen. Das Finanzamt setzte – wie der BFH jetzt feststellte – zu Unrecht Erbschaftsteuer auf diesen Erwerbsvorgang fest.

Der BFH hat entschieden, dass der Katalog des Inlandsvermögens aus § 121 BewG abschliessend formuliert ist, d.h. Sachverhalte, die nicht die Voraussetzungen erfüllen, nicht im Rahmen der beschränkten Erbschaft- und Schenkungssteuerpflicht erfasst werden können.

Der Anspruch auf Übertragung des Grundvermögens aus einem Vermächtnis ist nicht in dem Katalog des §121 BewG aufgeführt – im Gegensatz etwa zu einer Grundschuld oder einer anderen Forderung, die durch deutschen Grundbesitz gesichert ist – und es gibt nach dem BFH auch keinen Anknüpfungspunkt für eine erweiterte Auslegung des Begriffes Grundvermögens auf einen Vermächtnisanspruch, der auf die Übertragung von inländischen Grundvermögen gerichtet ist.

Im Gegensatz zu dem unmittelbaren Erwerb von Eigentum an Grundvermögen durch Erbfall ist bei einem Vermächtnis im Zeitpunkt des Erwerbs nicht gesichert, dass der Erwerber letztlich auch das Eigentum an dem inländischen Grundvermögen erhält.

Denkbar ist auch, dass der notwendige Eigentumsübergang niemals vollzogen wird, so dass laut BFH nur eine wortlautgetreue Auslegung des Gesetzes in diesem Fall angezeigt ist.

Fazit

In der Praxis bedeutet dies, dass der erbschaftssteuerfreie Erwerb einer deutschen Immobilie durch die Vermächtniseinsetzung eines Ausländers als legales Gestaltungsmodell genutzt werden kann (vorausgesetzt auch der Erblasser ist nicht in Deutschland ansässig).

Dies Modell funktioniert aber nur mit einer Vermächtniseinsetzung, nicht aber, wenn der Ausländer im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge den deutschen Grundbesitz erwirbt.

Vorsicht ist auch geboten bei Erbfällen im EU-Ausland, da aufgrund des Inkrafttretens der EU-Erbrechtsverordnung seit 2015 im Einzelfall genau geprüft werden muss, ob das Vermächtnis nicht im jeweiligen Ausland unmittelbar zu einem dinglichen Rechtsübergang per Erbfall führt (da es dann zu einer beschränkten Erbschaftsteuerpflicht in Deutschland kommen kann).